Willkommen zurück in Armenien. Auch wenn das kleine Kaukasus Land bereits bei den letzten Malen von uns intensiv bereist wurde, gibt es immer noch weiße Flecken auf der Landkarte, die wir tilgen wollen.
Der Dilijan Nationalpark im Nordosten des Landes lohnt für einen kurzen Abstecher. Dank viel grün, einiger Seen und den obligatorischen Klosterruinen, kann man hier wunderbar die Wanderschuhe schnüren.
Das Wegenetz ist gut ausgebaut und so manche Picknickbank, mit nettem Panorama, lädt uns zur Rast ein.
Auch im Hauptort Dilijan hat man sich auf Kur- und Wandergäste sowie Natursuchende eingestellt. Die Restaurants und die Hotels fertigen in der Hauptsaison ettliche Gäste im Minutentakt ab.
Bei Tshirt- Wetter geht ein Tag am Sewan See schnell vorbei. Als Nationalpark genießt er besonderen Schutz und ist ein wichtiges Schutzgebiet für Zugvögel.
Über den Vardenyats Pass geht es hinab in die Provinz Vajots Dzor. Armenien ist vom kleinen Kauskasus geprägt. Bergpässe und Schluchten sind da keine Besonderheit, sondern eher die Regel.
Wie jedesmal legen wir den obligatorischen Stop an der Orbelian Karawanserei ein. Hier treffen wir auf alte Bekannte.
Einst war der Pass eine wichtige Nord- Süd- Route auf der Seidenstraße. Auch am Südaufgang der Passstraße finden sich dementsprechend Herbergen und Versorgungseinrichtungen für die Trucker*innen der Vergangenheit.
Überall im Land finden wir Karawansereien, die die Handelsbeziehungen zu den Sultanen des Byzantinischen Reichs und den Schahs in Iran bezeugen. Heute fristen die Zeugnisse der Handelskultur jedoch ein Dasein am Rande der Dörfer und werden höchstens noch von Schäfern als Ställe genutzt.
Ein freudiges Wiedersehen ergibt sich im Gnishik Canyon. Viel Gesprächsstoff am Lagerfeuer und bei mancher Wanderung, ließ die Zeit im Naturreservat sehr schnell vergehen.
Zugegebener Maßen: Hier haben sich schon die ersten Armenier*innen vor schlappen zwei Millionene Jahren wohl gefühlt und so manche Höhle bewohnt. Auch die ersten Spuren der Traubenkultivation, sprich Weinherstellung finden sich hier im Canyon. Vielleicht trug auch diese Tatsache ihren Teil zum entspannten Befinden bei.
Lost Place Stimmung kommt in Orgov auf. Das Gelände des Radio Teleskopes ist verwaist, kann jedoch besichtigt werden. Mehrfach wurde von Staatsseite versucht, dass Foschungsgelände zu reaktivieren. Der stetig am Material nagende Zahn der Zeit und eine hohe Investitionssumme, schrecken jedoch die Regierenden ab.
Wohingegen das Observatorium von Byurakan weiterhin genutzt wird. Seine einstige herraussragende Stellung hat es dabei jedoch längst eingebüßt. Tausende Sterne, unbekannte Galaxien und Himmelsphänomene wurden hier entdeckt, erstbeschrieben und erforscht. Sein Gründer, der legendäre Astrophysiker W. Hambardsumjan, war weit über das Sovietfirmament hinaus eine anerkannte Koryphäe auf seinem Gebiet.
Die einstige Garnisionsstadt des Russichen Zaren Gyumri, ist heute ein wirtschatlicher und künstlerischer Hotspot im Nordwesten des Landes. Die schwarzen Laven, die die Silhouette der Stadt prägen, wirken dabei nur auf den ersten Blick abweisend. Hinter den fein herausgearbeiteten Fassaden verbergen sich Ateliers, gemütliche Cafes und so manche Kneipe.
Die Armee des Zaren, hat in der Zeit, als Gyumri Garnision des selbigen war, die Schwarze Festung hinterlassen. Hier hat sich über die Jahrzehnte so mancher Soldat verewigt, der die kalten Winter auf der armenischen Hochebene frierend auf die Wachablösung wartete.
Direkt nebenan eine Ehrenmahl aus jüngerer Kriegsepoche, welches jedoch ebenfall die enge Verbundenheit zur russichen Kriegsmaschinerie bezeugt. Die Mutter Armeniens, oberhalb des Denkmals zum großen Vaterländischen Krieg.
Aktuell überschattet wiedereinmal, der im Hintergrund schwelende Bergkarabachkonflikt das Land.
Die Präsenz von Militär, Gedenktafeln und Opfersteinen fällt uns dieses mal besonders auf. Das Land wird von der Staatengemeinschaft allein gelassen, auch die Schutzmacht Russland zeigt sich in dieser Epoche des ewigen Konfliktes eher passiv. Dabei bestanden die Grundzüge des Problems doch schon zu Sovietzeiten, sozusagen ein Erbe russischer Kolonialpolitik.
Die reichen Nachbarn Armeniens freut es. So kann offen von einem Korridor geträumt werden, der die Teile Azerbaidschans mit der Türkei verbindet und damit vereint. Bei Wanderungen treffen wir immer wieder auf Milizentrupps und Freiwilligenbatallione. Das Land hält sich bereit und ist in Sorge vor einem erneuten Überfall.
Armenien ist ein Land, dass seine Wunden offen trägt. Trotz aller Schmerzen wirkt es dabei wenig resigniert. Vielmehr hat man Trauer und Verzweiflung in die Staatsdoktrin integriert. Der stark verwurzelte Glaube und die großartige Vergangenheit des Landes, scheint seine Bewohner*innen stets aufrechten Ganges überleben zu lassen.
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