Auf einer Tour durch Armenien kommt man nicht an den allgegenwärtigen Klöstern vorbei. Sie bildeten einst die geistigen Zentren des Landes, waren Hochschulen, Bibliotheken und Werkstätten mit jeweiliger Spezialisierung. Die armenischen Könige wurden in den heiligen Stätten gekrönt und im Mittelalter die Elite des Landes ausgebildet. Hier wurde die armenische Geschichte geschrieben, was man auch wörtlich nehmen kann. So waren sie nicht nur seit altersher Pilgerzentren und Herbergen, sondern wahren bis in unsere heutige Zeit die armenische Identität. Nicht zuletzt sei zu erwähnen, dass Armenien das erste Land der Welt war, welches das Christentum zur Staatsreligion erklärte.
Sicherlich die spektakulärste Kulisse hat sich das Tatev Kloster reserviert. Über einer Schlucht gelegen, sitzt es geschützt auf einem Basaltstock, welcher es vor der Zerstörungen bewahrt hat. Sowohl verherende Erdbeben als auch Belagerungen durch muslimische Truppen konnte es mit teils schwerwiegenden Schäden überdauern. Früher ein Zentrum der Gelehrsamkeit mit teilweise bis zu tausend Mönchen die hier studierten und arbeiteten, wird es heutzutage von unzählgen nationalen wie internationalen Besucherscharen erobert. Dank den Wings of Tatev, der längsten freischwebenden Seilbahn der Welt, kommen diese auch mühelos über die nahegelegene Schlucht.
In der Schlucht selbst versteckt sich das Tatev Anapat, eine Einsiedelei in welcher ein Mönch seit nunmehr acht Jahren seine einsamen Bibelstudien betreibt.
Wie das Kloster Haghpat, gehört das Kloster Sanahin, mittlerweile zum Unesco Welterbe. Hier lassen sich die baugeschichtlichen Besonderheiten armenischer Klosteranlagen ablesen. Als Baumaterial eigenen sich die diversen Gesteine vulkanischen Ursprungs. Die zur Verfügung stehenden Tuffe lassen sich dabei besonders leicht bearbeiten. Der Figurenschmuck an den Aussenfassaden sollte vor negativen Energien schützen. Hier fließen heidnische Tiersymbole und frühchristliche Glaubenswelten ineinander. Bis zur Annahme des Christentums wurden bei den Pagan Naturphänomenen gehuldigt. Man vermutet, dass der Name Sanahin auf einen Kultplatz zu Ehren der Göttin (Sa)Anahit hinweist. Damit wäre das Kloster in bester Tradition, wurden doch viele heidnische Plätze vor tausendsiebenhundert Jahren umfunktioniert, um der neuen Religion das nötige Gewicht zu verleihen und sie in der Bevölkerung leichter zu etablieren.
Die Kreuzkuppelkirchen werden mit mehreren Apsiden oder Tonnengewölben erweitert. Stalaktitengewölbe oder auch Muqarnas genannt, welche die Wandnischen schmücken, wurden direkt dem islamischen Formenschmuck entlehnt.
Die Innenräume, heute in klarer Schlichtheit, waren einst weiß getüncht und mit Fresken bunt bemalt. Nachdem jedoch viele der Kirchen im Mittelalter zerstört wurden, blätterte der fragile Wandschmuck über die Jahrhunderte ab.
Sanahin und Haghpat, bildeten im Mittelalter die Elite Universitäten ihrer Zeit. Ähnlich den uns bekannteren Hochschulen, Oxford und Cambridge, prägte eine immer währende Rivalität die nah beieinanderliegenden Einrichtungen. Heute wirken sie inmitten der dörflichen Siedlungen wie in einem ewigen Dornröschenschlaf verträumt und vergessen.
Etwas abseits der Hauptroute und vom Tourismus eher unbedacht, verbirgt sich in den Highlands von Schottland das Kloster Vorotnavank. Einst ein Zentrum der Medizin und Kalligraphie, musste sich das Kloster ebenfalls mehrfach gegen fremde Invasoren behaupten. Wie viele andere Klöster, wurde es in seiner über tausendsechshundertjährigen Geschichte immer wieder erneuert und restauriert. Das es einst ein wichtiges geistiges Zentrum war, bezeugt auch die Tatsache, dass hier sogar Königskrönungen stattfanden.
In der wilden Schlucht des Arpa findet sich das Kloster Gndevank. Die Gründung des Klosters wird auf vor tausend Jahren geschätzt, was es im nationalen Vergleich eher jung erscheinen lässt. Einsam liegt es an der nicht mehr durchgängig befahrbaren Straße nach Jermuk. Die Ruhe die es ausstrahlt, gefällt offensichtlich auch dem hier als Eremiten hausenden Mönch sehr gut. Er hat sich häuslich eingerichteet und bewirtschaftet den Klostergarten mit geschickter Hand.
Auf dem Weg durchs Land kommt man nicht am Sevan See vorbei. Dieses Gewässer auf über zweitausend Metern gelegen, ist umgeben von Klosterruinen und frühzeitlichen Hinterlassenschaften. So finden sich hier uraträische Festungen ebenso wie bronzezeitliche Steinkreise. In unserer Zeit, ziehen vor allem die Reste des Sevan Klosters und der nahegelgenen touristischen Angebote, Spaßsuchende aus nah und fern an den See.
In einer lang gezogenen Bucht versteckt sich das Kloster Hayravank. Von der Hügelkuppe genießt man den Blick auf die brandende Gischt des Gebirgssees. Durch die geringere Besucherzahl wirkt es dabei auch wesentlich besinnlicher und ruhiger.
Im Kloster Geghard wurde angeblich einst ein Teilstück der heiligen Lanze aufbewahrt. Die Reliquie, welche sich mittlerweile in einem Museum in hauptstadtnähe befindet, gab dem Kloster zumindest seinen Namen. In den Hängen des Azat Tals haben sich die Mönche und Eremiten Wohnhöhlen in den weichen Tuff gegraben. In diesen Höhlen hausten sie, oft Jahre lang, in inniger Einkehr und Gebet versunken. Auch das Kloster selbst schmiegt sich an den Hang und wurde zur Hälfte in selbigen hineingebaut. Nach wie vor wird im Kloster den Touristen gerne eine Kostprobe der gregorianschen Köräle gegeben um die unglaubliche Akustik des Gebäudes vorzuführen.
Man mag wohl schnell urteilen: Irgendwie sehen alle gleich aus.
Kombiniert mit einer Wanderung oder einem Picknick, hatten wir jedoch viel Spaß beim Entdecken der Klosteranlagen und Kirchenruinen. Nach wie vor bilden sie das Rückgrat der armenischen Identität und werden dementsprechend auch von Einheimischen häufig aufgesucht und genießen im Land eine besondere Wertschätzung.
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