Wir lassen die Hitze der Tiefebene hinter uns und werden auf den folgenden Kilometern Blech und Nerven, auf der Schlaglochpiste des Pamir Highway in Richtung "Dach der Welt", aufs Äußerste beanspruchen.
Bereits kurz hinter Duschanbe geht es mit einem Blick auf das Nurek Reservoir, welches von den Wassern des Pamirgebirges gefüllt wird, hinein in die Berge.
Die Hulbuk Festung, stellte in früheren Zeiten das Tor zum Pamir dar. Auch Alexander der Große zog hier vorbei, bevor er mit seiner Armee über Afghanistan gen Indien marschierte.
Entlang des Highway, der in manchen Teilen eher einer Landstraße gleicht, bieten sich immer wieder Gelegenheiten für Propaganda und kalte Getränke am Wegesrand.
Nicht nur der Bürgerkrieg Tadschikistans wütete in diesem Teil des Landes besonders heftig.

Armut und Not treiben die Menschen hier immer wieder in die Hände fanatischer Extremisten. So findet sich an der Straße ein Denkmal für mehrere Fahrradreisende, welche hier von einem Attentäter aus dem Spektrum des IS, absichtlich überfahren wurden. Ein besonders tragisches Indiz der hier herschenden Sinnslosigkeit.
Die Distrikhauptstadt Kulob wartet mit einer über zweitausendsiebenhundertjährigen Geschichte, in der jedoch vor allem die letzten hundert Jahre ihre Spuren hinterlassen haben, auf. Ein Gemisch aus Sovietplatte und ein bisschen Orient zeigt sich im Gewimmel der Stadt.
Den Weg zwischen Kulob und Kalaikhum bringen wir zügig hinter uns. Die Straße ist gut, der Sand in der Luft unangenehm, da bleibt nur Strecke machen.
Welchen Ritualen in der zoroastrischen Tempelstadt Karon einst nachgegangen wurden, bleibt heutzutage spekulativ. Die Stadt, welche ihre Blüte vor viertausend Jahren erlebte, genoß einen schönen Blick auf Tal des Panj.
Beständig schweift der Blick nach Afghanistan, welches auf der anderen Flussseite stets ein geschäftiges Bild liefert. Schrittgeschwindigkeit auf der von Schlaglöchern übersäten Straße ermöglicht, dass Leben am Fluss zu studieren.
Ob Autowäsche oder Rast unterm Maulbeerbaum, der Pamir bietet genügend Abwechslung. Letztlich lassen sich die Pisten auch nur mit viel Humor und Durchhaltevermögen bewältigen, was in einer Gruppe stets besser funktioniert.
Die geschäftige Provinzhauptstadt Khorog bietet alles was das Herz begehrt. Hier werden die LKW aus China gelöscht und auf tadschikische LKW umgeladen. Waren aus Afghanistan können im Cross Border Market erstanden werden. Ebenso haben Hilfsorganisationen und der Agha Khan, dass Oberhaupt der Ismailiten, hier einen Sitz, um die Bevölkerung im unzugänglichen Gebirge mit dem Nötigsten zu versorgen. Eine rege Bautätigkeit zeugt vom Treiben in der Hauptstadt der autonomen Provinz Gorno Badakhshan.
Kurz hinter Khorog im Tal von Garm Chasma lassen sich die heißen Gewässer, die aus den Spalten des seismisch aktiven Faltengebirges empor steigen, für heilende Zwecke nutzen.
Weiter geht es entlang der tadschikisch- afghanischen Grenze gen Süden.

Dass Afghanistan nicht nur bekannt ist für Taliban, sondern auch für die Herstellung aller möglicher Rauschmittel, gleicht einem Hohn. Die islamistische Terrorgruppe, welche mittlerweile versucht diesen Staat zu führen, hat eine ihrer Haupteinnahmequellen im Verkauf von Rohopium und Haschisch. So werden jährlich, nach vorsichtigen Schätzungen, siebenhundert Tonnen Heroin und Rohopium über diese Straßen in Richtung Russland und Europa transportiert.
Wer das Bartang Tal nicht bereist hat, war angeblich nicht im Pamir. Nach diesem Motto kämpfen wir uns eine weitere Piste entlang. Die Schluchten des Bartang, ein Hauptzufluss des Panj, bilden dabei eine besonders raue Szenerie.
Dank eines defekten Schließzylinders an der Hecktür, dürfen wir das Auto mal wieder grundsanieren. Alles ist mit feinstem Staub aus den Baustellen überzogen. So wird auch mal wieder der Legovorrat ausgeräumt und ordentlich gewienert.
Ob die endlose Schlaglochpiste tatsächlich die erhoffte Traumroute durch den tadschikischen Pamir darstellt, bleibt fraglich. Die Szenerie ist zwar spektakulär, der Weg dorthin jedoch eine einzige Vollkatastrophe. Dementsprechend freuen wir uns, wenn in sieben Jahren die Straße Richtung Gebirge fertig geteert sein soll und schließen auch nicht aus, wieder zu kommen.
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