top of page

Sindbads Heimat liegt im Paradies

Der Garten Eden ist gerade um die Ecke und neben dem Zusammenfluss von Euphrat und Tigris, befindet sich der Baum der Erkenntnis. Einst wurden hier Adam und Eva von einer Schlange zum Früchteraub verführt. Doch auch der sumerische König Gilgamesch, welcher im Marschland um Uruk beheimatet war, kam hier zu manch schmerzhafter Erfahrung. Hier liegt die Keimzelle unserer Geschichte, das Epizentrum von Wissenschaft und Technik und der Grundstein unserer monotheistischen Religionen. Endlich sind wir in Mesopotamien.


Das als Venedig des Orients einst berühmte Basra soll, sofern es ihn den wirklich gegeben hat, die Heimat von Sindbad dem Seefahrer gewesen sein. Fakt ist: Basra war lange Zeit das Zentrum des Handels im gesamten persischen Golf und somit steht der arabische Abenteurer Sindbad, sinnbildlich für die glorreiche Zeit der Stadt und ihrer Händler*innen und Kaufleute.


Vom einstigen Glanz der Metropole am Golf ist leider nicht mehr viel übrig geblieben. Das Venedig des Orients mit seinen vielen Kanälen und dem bunten Leben, welches sich einst auf dem Wasser abgespielt hat, kann mittlerweile nur noch in olfaktorischer Sicht mit ihrem italienischen Vorbild mithalten.


Die als Shanasheel bezeichneten Wohnerker, an den aus Backsteinen und Holz errichteten Kanalhäusern, sind die letzten vor sich hin sichenden Zeugnisse dieser vergangenen Epoche. Doch Basra will sich nicht unterkriegen lassen und arbeitet hartnäckig an seiner Wiederauferstehung.


Im Hinterland von Basra hat sich der Mensch seit Ewigkeiten in der Sumpfebene des Marsch eingerichtet. Die Zucht von Wasserbüffeln bildet für viele der hier beheimateten Marsch Araber, eine karge Lebensgrundlage. Doch die Sümpfe sind vom Aussterben bedroht. Immer heißer werden die Sommer, dass wenige Wasser, welches im Marsch ankommt, ist häufig verseucht und zunehmend auch salzhaltig.


Mittels ihrem Mashoof, einem wendigen Kanu und wichtigsten Arbeitsgerät, ist es ihnen ein leichtes sich hier fortzubewegen. Noch findet alles auf oder im Wasser statt.


Die Häuser, so auch das Versammlungs- und Clanhaus, welches Mudhif gennant wird, sind aus endemischen Schilfgras errichtet.


Bedingt durch die traditionellen Verbindungen zum Iran und dem schiitischen Glauben der Marsch Araber, fühlte sich Saddam, in seiner unnachahmlichen paranoiden Art, dazu geneigt, die Abtrünnigen kurzerhand auszurotten. Sein Plan war simpel, er wollte deren Lebensgrundlage zerstören. Dazu legte er, groß angelegt, das riesige Sumpfgebiet trocken. Ein Guerilla Krieg im Sumpf mit vielen Opfern folgte. Daran erinnert das Märtyrer Monument in Chibayish.


Heutzutage sind die ambitionierten Staudammprojekte in der Türkei und im benachbarten Syrien, der Grund für die Trockenlegung des Gebietes. Der fortschreitende Klimawandel, sowie intensive Entwässerung der Zuflüsse in den Nachbarstaaten, verschlimmern zusätzlich die Situation. Verzweifelt kämpfen Initiativen, dass historische Marschland weiter unter Wasser zu halten.


Einst konnte man mit den Booten direkt am Markt von Ur anlanden um die Waren, welche im Stadtstaat umgeschlagen und gehandelt wurden, zum Verkauf anzupreisen. Heutzutage wirkt das Umland karg und verwaist, niemand käme hier auf die Idee, die Gegend als den fruchtbaren Halbmond zu bezeichnen.


Die Stufenpyramide oder Ziggurat, welche auf Anweisung Saddam Husseins vor knapp fünfzig Jahren teilrestauriert wurde, erblickt man schon von Weitem über der Ebene. Hier befindet sich die Keimzelle des modernen Menschen. Das Rad, die Schrift, ein Rechtssystem, Beamtentum und das Brauen von Gerstenbier, wurden im Reich der Sumerer entwickelt und zwischen Ur und Uruk zur Blüte gebracht. Bis auf die Entwicklung des Computers, scheint sich dann, fünftausend Jahre, nicht mehr viel getan zu haben.


Die kläglichen Reste der Königsgräber und der bedauerliche Zustand der historischen Stätte von Weltrang, geben leider nur wenig ihrer einstigen Bedeutungsschwere wieder.


Wir befinden uns in einer der ärmsten Gegenden des Irak und die Lebenswirklichkeit, in denen Menschen hier ihr Dasein fristen, scheint häufig unterirdisch. Die Forderungen nach sauberem Trinkwassser und mehr Lebensqualität werden lauter, bleiben jedoch häufig ungehört.

Die Gegend ist voll mit Bodenschätzen. Bedingt durch die Abfackelung des Gases, welches bei der Gewinnung von Öl freigesetzt wird, stieg die Krebsrate in Basra in den letzten Jahren um knapp zwanzig Prozent. Die zukünftig geplante Ausbeutung der Goldreserven in der Gegend, wird die Situation zusätzlich verschlimmern.


Zwischen Euphrat und Tigris bietet das historische Schwemmland, wie vor Jahrtausenden, den Bauernfamilien eine Lebensgrundlage. Hier kommt auch bei uns der Gedanke vom Garten Eden auf. Die früher regelmäßig stattfindenden Überflutungen der mäandernden Flussläufe, brachten Nährstoffe und veränderten das Umland häufiger. Dies ließ bereits im Gilgamesch Epos die Sage von der Sintflut entstehen, welche sich später auch in der Bibel wiederfindet.


Wir fahren weiter gen Norden, historische Stätten mit großen Namen warten bereits auf uns.

89 Ansichten0 Kommentare

Back in Kurdistan

Come to Baghdad...

Comments


bottom of page