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Kappadokien

Der Vulkanismus prägte schon immer die Gegend Kappadokiens. Hassan-, Melendiz- und Erciyes Dagi bilden dabei eine geologische Sichel, auf dem anatolische Hochplateau. Das Vorhandensein von Tuff, Bims und Basalt deuten auf die zerstörerische Gewalt der Vulkane hin. Wo in früheren Zeiten mühsam dem staubigen Boden Nahrung abgerungen wurde, wird heute mit brachialer Gewalt gewirkt. Alles was sich nicht zum Ausschlachten, im von ausländischen Großinvestoren bestimmten Tourismussektor eignet, wird abgebaut und zu Bimssteinen verarbeitet. Damit wird der stets hungrigen Bauindustrie Nahrung geliefert. So finden sich um den Nationalpark von Göreme unzählige Bims Produzenten, welche hier ihrer täglichen Arbeit nachgehen.

Die Städte und Dörfer, um das von der Unesco als Welterbe deklarierte Gebiet, ersticken zum Teil im allgegenwärtigen feinen Vulkanstaub, welcher sich wie eine Decke über alles legt. Starke Böhen, welche durch die Ebene streifen, lassen schnell sandsturmartige Verwehungen entstehen. Das Leben auf dieser Hochebene erscheint hart und trocken. Die Winter sind kalt, die Sommer brühend heiß und trotzdem reicht die Zeit der Besiedlung weit zurück. In den einzelnen Tälern finden sich Spuren verschiedenster Kulturen und die Urbarmachung des Bodens trägt dabei ganz eigene Blüten.

Same same, but different. Jedes Tal ist Tuff, jedes Tal ist gleich und doch sind sie alle einzigartig. In allen Farben und Formen kann man die bizarren Tuffformationen bewundern. So zeigt sich uns die Schönheit der sandigen Vergänglichkeit, welche sich durch Erosion in einem stetigen Prozess der Neubildung und Umformung befindet. Kappadokien bedeutet deshalb auch stetiger Wandel. Hier ein Farbnuance, dort etwas mehr Erosion. Zeit und Wind haben Wunderwerke der Natur erschaffen.


Früher produzierte man auf sandigem Grund Weintrauben für die ganze Türkei und auch das Geschäft mit Aprikosen ließ die Städte Uchisar und Ortahisar prosperieren. Um Dünger zu produzieren, damit man den Boden etwas anreichern konnte, wurden Tauben gezüchtet. Davon zeugen kleine Nischen, welche sich in den Tuffkegeln ausmachen lassen. Diese finden sich vor allem im, bei Uchisar gelegenen, Tauben Tal besonders häufig.


Viele würden gerne ein Stück vom prosperierenden Kuchen Kappadokiens abbekommen. Während in den Tälern die Trekkingsandalen klappern, wird auf den Höhen gearbeitet. Die Pensionen und Unterkünfte befinden sich größtenteils in den Händen großer Hotelketten, die sich nicht davor scheuen, ganze Stadtviertel zu einem Hotelkomplex umzuwandeln. Trotzdem zieht die Region auch Arbeitsmigranten aus den Nachbarländern an.

Majid beispielsweise kam mit Frau und Kind aus Iran. Er arbeitet als Hirte und hütet die Schafe des Hotels. Seine Frau und Tochter arbeiten im Servicebereich. Sie sind zwar abhängig, jedoch zufrieden und schaffen es hier besser zu überleben als in ihrem Heimatland.

Ismail lebt mit seiner Frau Ezime schon immer in der Gegend von Uchisar.

Sie haben eine kleine Parzelle auf der sie Trauben anpflanzen, Zwiebeln und Kartoffeln wachsen wohl auch sehr gut. Dank der vulkanischen Erde sei der Boden mineralstoffreich, nur das schnell versickernde und seltene Wasser macht ihnen zunehmend zu schaffen.



Lütfi versucht sein Glück mit Ausritten zu Pferde. Jedoch merkt auch er zunehmend, dass Ausbleiben der russischen und ukrainischen Touristen als Folge des Konflikts. Dabei bleibt er jedoch zuversichtlich und hofft auf Besserung durch Frieden in der Region.



Dass die Gegend um Göreme schon immer heiß begehrt war, zeigen fast hundertfünfzig Untergrundstädte. Oft schon in grauer Vorzeit genutzt und immer weiter ausgebaut, wurde hier mit reiner Muskelkraft bis zu acht Stockwerke umfassende Wohnkomplexe in den Tuff gebrochen. Man findet Wohneinheiten, Vorratsräume, Kapellen, kilometerlange Fluchttunnel und verwinkelte Stollensysteme. Was anfangs noch mit einem gut begehbaren Gang beginnt, wird relativ schnell zu einem Kriechtunnel, wo selbst der Kleinste unter uns den Kopf einziehen muss. Wir sind froh über die vielen historischen Belüftungsschächte, welche die Stadt stets frisch ventiliert halten. Da lässt dann auch das Beklämmungsgefühl schneller nach.


Ortahisar, ein weiteres eindrucksvolles Beispiel der hiesigen Tuffarchitektur. Hier zeigt sich erneut, dass die hier lebende Bevölkerung häufgen Angreifern ausgesetzt war und sich in ihren Fluchtburgen zu verschanzen versuchten.


Ein Spektakel besonderer Art sind die vielen Ballons, welche sich in der Hochsaison in den Himmel erheben. Hierbei eröffnet sich ein spektakulärer Blick auf die Vulkanlandschaft.

Unzählige Ballonticketbesitzer werden schon am frühen Morgen mit Bussen zu den bereits wartenden Fesselballons gefahren. Zu dieseser Zeit herrscht in Göreme rushhour. Die Ballonfahrer zeigen in teils atemberaubender Fahrtechnik ihr Können, wenn sie zum Greifen nahe über die Canyons fliegen. Als Parkender muss man vor allem aufpassen, nicht von einem der Sektkorken oder gar Flaschen getroffen zu werden, welche bei der Ballontaufe herabfallen. Die Hochplateaus liegen voll mit Scherben und Korken, ein sicheres Indiez, dass die Ballonindustrie offensichtlich boomt. Das große Geld machen dabei zunehmend Investoren aus dem Ausland, welche stark in die Branche investiert haben.


Jeder erlebt das Schauspiel auf seine Weise. Am frühen Morgen bei fünf Grad, kann es bei unpassender Kleidung noch recht frisch werden, für das perfekte Bild lässt sich dies offensichtlich aushalten. Das Geschäft boomt. Heiratsanträge mit Geigenuntermalung und Blumenkränzen, Hochzeitsbilder mit perfektem Hintergrund, Sunset oder Sundowner mit Blick in den Canyon, jede Minute ist bare Münze.

Angeblich werden sogar manche Ballons ohne Passagiere aufsteigen gelassen, um das Image aufrecht zu halten.





Nach der Fahrt muss der Ballon verstaut werden, da freut sich die Crew natürlich wenn sie tatkräftige Unterstützung vom Ballonfahrernachwuchs bekommt.


Das Kappadokien kein Geheimtip ist, war uns auch schon vorher bewusst.

Hier trifft sich die Welt, was auch bedeutet, dass man viele Gleichgesinnte trifft. Die Abende vergehen, bei anregenden Gesprächen und Lagerfeuerstimmung, schnell. Man schafft es nur schwer sich von diesem Ort und den Liebgewonnenen zu verabschieden. Doch irgenwann rollen die Räder wieder und die Reise geht weiter.

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