Die ersten Schritte in Usbekistan erleben wir in der autonomen Republik Karakalpakstan. Einst ein Kernland der Nomaden, ist es heute eine wüste Ödnis, welche nur sehr widerwillig ein Überleben zulässt.
Auf den staubigen Resten der einstigen Seidenstraße, holpert unsere kleine Karawane durch die Steppe. Die Karawansereien sind in dieser Region einigen, als Teehäusern bezeichneten, Buden gewichen. Hier wird für die Truckergemeinde frische Teigtaschen im Tandori gebacken.
Wir passieren das Gebiet des Aral See. Dank der planvollen Misswirtschaft der sovietischen Baumwollindustrie, wurde der ehemals viertgrößte Binnensee der Welt zu einer Pfütze entwässert. Die Folgen für die Region sind katastrophal. Einst bestimmte der See das Klima in der Steppe, ließ Wolken entstehen und führte Niederschlag herbei. Davon ist nichts mehr zu spüren. Der Grundwasserspiegel ist abgesunken. Die Monokultur lässt salzige und von Pestiziden verseuchte Böden zurück. Versuche den ökologischen Supergau rückgängig zu machen, verlaufen sich leider viel zu häufig in der Steppe.
Die Region hat die mit Abstand höchste Kindersterblichkeit in Usbekistan und die durchschnittliche Lebenserwartung liegt auf einem nationalen Rekordtief. Da liegt es doch nahe, dass wir an der über zweitausend Jahre alten Nekropole Mizdakkhan einen Stop einlegen. Hier finden sich einige besondere Bestattungsriten. Beispielsweise sollen die Leitern, welche auf den Gräbern zurückgelassen werden, den Toten den Aufstieg ins Jenseits erleichtern.
Der Amudarya die Lebensader der Region, welche das Leben hier überhaupt erst möglich macht, wird ebenfalls auf das Stärkste ausgebeutet. Wassermangel, Versalzung und Überdüngung sind auch hier die unumgänglichen Folgen. Passend dazu ist eines der Wahrzeichen dieser Gegend ein ritueller Bestattungshügel der Zoroastrier. Der Dakhma von Chilpik erhebt sich aus der Flachen Ebene. Abweisend wirken die Lebensbedingungen, umso herzlicher jedoch sind die Begegnungen mit den hier Überlebenden.
Einen krassen Kontrast dazu stellt die historische Oasenstadt Khiva dar. Einst war sie das Zentrum des Sklavenhandels in Zentralasien und lange Zeit ein eigenständiges, mächtiges Khanat an der Seidenstraße.
Die historische Altstadt konnte dank kostspieliger Konservierungsarbeiten die Zeit überdauern. Mittlerweile bildet sie einen der Hauptanziehungspunkte der internationalen Touristenströme und wird dementsprechend stark vermarktet. Silkroad wird hier zu einem Label, mit dem sich Geld drucken lässt.
Glücklicherweise finden sich jedoch auch ruhigere Ecken im Stadtgetümmel. Hier kann man sich ganz dem Formen- und Farbenspiel aus Kacheln und Lehmziegel hingeben.
Neben Koranschulen, den Medresen, gibt es auch den ein oder anderen herrschaftlichen Palast zu erkunden. Wo früher der Harem war, haben sich heute die Souvenirverkäufer*innen strategisch positioniert.
Auch wenn der Ark, die einstige Festung innerhalb der Stadtmauern, eher militärischen Zwecken dienlich war, kann man auch hier den damaligen Wohlstand, den die Warenströme abwarfen, deutlich ablesen.
Dann entdecken wir auch einen ersten definitiven Beweis, dass wir uns auf der Seidenstraße befinden.
Zugegeben, es dauert nicht lange bis wir der entspannten und prachtvollen Stimmung komplett verfallen sind. Dementsprechend schwer fällt es uns, weiter zu ziehen.
Der Chodra Hovli, vor den Stadttoren, stellt eine herrschaftliche Sommerresidenz inmitten gut bestellter Felder dar. Heute wohnen hier offensichtlich nur noch eine wohl genährte Schlange und deren baldige Beute.
Wo die Fluten des Amurdaya nicht die Felder erreichen, versickern sie sogleich im staubigen Untergrund. Umso deutlicher werden einem die Anstrengungen, mit welchen sich die Kamelkarawanen durch die Wüste bewegt hatten, vor Augen geführt.
Heutzutage ist die Seidenstraße eine mehrspurig ausgebaute Autobahn. Wie schon in der Vergangenheit ist die Region, trotz ihrer Lebensfeindlicheit, erschlossen und wir schaffen es nach einer ermüdenden Tagesetappe die nächste Karawanserai in Bukhara zu erreichen.
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