Aller Anfang ist schwer? Offensichtlich betraten wir nach diesem Motto das Königreich der Familie Al Saud in Arabien.
Auch wenn das Grenzprozedere wie meistens kaum Schwierigkeiten bereitete, schafften wir es auf den ersten Kilometern nur wenig, uns von der königlichen Würde des Landes verzaubern zu lassen. Man konnte nicht gerade von einer standesgemäßen Herberge sprechen, als wir unsere erste Nacht an der Karawanserei der Moderne, dem Rasthof, hinter uns gebracht hatten. Aber in unserem Schloss auf Rädern gibt es zum Glück alle Annehmlichkeiten die Hochwürden benötigen.
Nach den ersten Fahrtagen sollte ein kurzer Stop in Riyad, die fürstlichen Gesäßhälften etwas lockern. Dementsprechend steuert man das älteste und das höchste Gebäude der Stadt an. Ersteres ist die Masmak Festung im Herzen der Stadt, letzteres waren mal der Faisaliyah Tower und das Kingdom Centre. Bedingt durch den Masterplan 2030, welcher Saudi Arabien vom Öl unabhängiger machen soll, wird an allen Ecken der Stadt saniert und gebaut. Negativer Nebeneffekt dabei war, dass viele touristische Highlights geschlossen hatten.
Im Wadi Hanifah fanden wir die nötige Ruhe für die Nacht, so konnten wir frisch gestärkt den eigentlichen Ritt in Richtung Najran, nahe der jemenitischen Grenze, angehen.
Streckenkilometer in Saudi Arabien abreisen bedeutet vor allem Durchhaltevermögen. So präsentiert sich der Wüstenhighway leider weniger abwechslungsreich als bspw. eine Panoramastrecke durch die Schweizer Alpen. Nichtsdestotrotz, wartete am Wegesrand die ein oder andere Abwechslung darauf, entdeckt zu werden.
Dank nicht vorhandenem Allrad und viel Gewicht, bei vergleichsweise wenigen PS, schaffen wir es leider nicht tiefer in die Rub Al Khali vorzudringen. Wir haben auf Schulmaterial und Lego gesetzt und die Sandbleche zu Hause gelassen. Eine Traumkulisse bietet sich uns in dieser Nacht, in der Dünenlandschaft, jedoch trotzdem.
Ein letzter Abstecher von der eigentlichen Strecke, führte uns in den Weiler Hima. Hier wurde von der Unseco anerkannt, was die Söhne der Wüste bereits lange wussten. Saudi Arabien ist jahrtausende altes Kulturland. Versteckt zwischen den Felsen zeigen sich in der Provinz Najran, mehr als sechstausend Fundstellen für Petroglyphen. Neben frühen Schriftzeichen, sind es vor allem Tierdarstellungen, welche die Steinritzungen ausmachen.
Das alte Falajsystem versorgt den Ort nach wie vor mit Wasser. Dabei gelangt offensichtlich nicht jedes Lebewesen rechtzeitig ans lebenspendende Nass.
Letztlich erreichen wir auch Najran, die Provinzhauptstadt an der Grenze zu Jemen. Nachdem sich die Landnahme der Al Sauds vor knapp neunzig Jahren, bis in den äußersten Süden der arabischen Halbinsel vorgearbeitet hatte, machten sie auch vor dieser Region keinen Halt und gliederten sie kurzerhand in ihren Staat ein. Dementsprechend zeigt sich hier, was jenseits der Grenze, durch die Bomben des Jemenkrieges zerstört wird:
Die jahrhunderte alten jemenitischen Hochhäuser aus Adobe.
Die friedliche und überaus herzliche Stimmung in der Stadt, zeigt jedoch einen herben Beigeschmack. Das Stammgebiet der kriegerischen Huthi- Milizen, befindet sich auf der anderen Seite der, nur wenige Kilometer entfernten, Grenze. Dementsprechend wird dort immer wieder, durch die von den Saudis geleitete Koalition, militärisch interveniert.
Nach wie vor beeindruckt der ehemalige Sitz des Emirs, der Emara Palace. Mittlerweile befindet sich hier, eingebettet in die geruhsame Altstadtkulisse, ein kleines Museum.
Die Oase Najran besitzt überregionale Bedeutung. Seit altersher wird sie von den Handelsrouten der Weihrauchstraße durchkreuzt. Ein Strang führte entlang der Wüste nach Norden, eine zweite Route arbeitete sich durchs Gebirge nach Jeddah. Nach wie vor bildet sie das grüne Herz und die Haupteinkommensquelle. Wer es sich leisten kann, pflegt die ehemaligen Familienstammsitze und nutzt diese als Wochenendhaus. Auf den Äckern wird nach wie vor gearbeitet und das Einkommen der Familien gesichert.
Najran kann sich einer mindestens zweitausendjährigen Historie erfreuen und wird dementsprechend auch im Koran erwähnt. Die Geschichte will wissen, dass der damalige Despot der Stadt, die gesamte Bevölkerung in eine brennende Grube warf und dadurch komplett auslöschte. Heutzutage brennt auf dem Ausgrabungsgelände Al Ukhdoud nur noch die Sonne unbarmherzig.
Vom gleichnamigen Berg, auf welchem der jemenitische Statthalter einst das Raom Castle errichtete, zeigt sich uns noch ein letztes Mal die Ausmaße des Wadi Najran.
Weiter soll es in die Provinz Asir gehen. Wir haben von marodierenden Pavianhorden gehört, Kaffeeanbau findet hier statt und es soll sogar gelegentlich regnen. Was für ein Scherz: Der erste Regen nach über acht Monaten und dann ausgerechnet in Saudi Arabien?
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