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Blasenpflaster im großen Kaukasus

Für die Perser, welche von Süden kamen, stellte das Gebirge eine natürliche Grenze dar. Die Römer und Griechen siedelten ihre Mythen und Legenden in den fernsten Osten des Reiches, für sie endete hier die Welt und ging in eine göttlich- sagenumwobene über. Heutzutage sind es andere Götter, denen man hier huldigt. Naturpilger und Ruhesuchende unserer gestressten Welt brechen auf, um in die Sphären der kaukasischen Berglandschaft einzutauchen. Mit Wanderschuh, Selfiestick und Blasenpflaster geht es auf die Suche nach Viewpoints und Instagram- Motiven.


Warum Prometheus zur Strafe, dass er den Menschen das Feuer brachte, gerade an den Kazbeg gefesselt wurde, erschließt sich uns nicht endgültig. Vielleicht stellt die schiere optische Präsenz des vulkanischen Feuerberges ein Indiz dar. Der Name Mqinvartsveri, wie er im georgischen genannt wird, soll auf die permanente Gletscherkuppe hindeuten die er Jahr ein, Jahr aus trägt. Das darunter liegende Städtchen Stephansminda/ Kazbegi, stellt den letzten Versorgungsposten auf der georgischen Heerstraße, vor der russischen Grenze, dar und wird dementsprechend von vielen russischen Outdoorfanatikern gerne aufgesucht.


Über dem Eingang des Sno Tal wacht eine halbverfallene Festungsruine.

Kaum etwas entging damals den Augen der Besatzung. Im Notfall konnte durch ein System verschiedener Türme, mittles Leuchtfeuer, Signale gegeben werden. So wussten auch tiefer im Tal alle Bescheid, wenn es Probleme zu bewältigen gab. Heute gibt es im Tal, neben den klimatischen Bedingungen, nur noch die Touristenströme zu managen. Der Tourismussektor im Land wurde, nach der Loslösung vom Soviet Reich, massiv ausgebaut. Wo früher in einem netten Kaff am Ende eines Feldweges ein Schlafplatz in einer Scheune zu finden war, liefern sich heute ganze Dorfgemeinschaften einen harten Konkurrenzkampf um gefüllte Betten.


Auch wenn Georgien eines der ersten Länder der Welt war, die den christlichen Glauben als Staatsreligion verankerten, sind die vom Animismus geprägten Ursprünge häufig noch aufzufinden. In einer von, halbnomadisch lebenden Hirten, bestimmten Kultur liegt dies auch nahe. Immer wieder finden sich Schreine am Wegesrand oder auf Bergkämmen, an denen mittels Opfergaben versucht wird, die christliche Götzenwelt milde zu stimmen.


Sicherlich fragt man sich, warum viele der Dörfer am Eingang des Truso Tals verlassen wirken.

Es waren wohl nicht nur die harschen Bedingungen, welche hier im Winter herrschen, die die hier Lebenden zur Abkehr brachten. Auch die Tatsache, dass es sich um russischstämmige Georgier*innen handelte, tat ihr übriges. Nach der Annektion von Südossetien, durch Russland, siedelten sie in diesen Teil des Landes über.


Sobald man tief ins Tal hineinwandert, gelangt man an die eigentlich nicht existierende, da man sich ja mitten in Georgien befindet, Grenze zwischen Russland und Georgien. Die Militärpräsenz macht es einem jedoch unmöglich ins russisch besetzte Gebiet vorzudringen.

Friedlicher geht es an den Mineralquellen zu, die sich überall am Wegesrand befinden.


Beschäftigt man sich mit dem Kaukasus, kommt man an der Region um Swanetien nicht vorbei. Vielfach, zu recht, beworben und nach wie vor von besonderer landschaftlicher Schönheit. Neben den Gletscher die sich in die Täler schieben, ist es jedoch auch die swanetische Kultur, welche ihren besonderen Reiz ausmacht. Augenscheinlichstes Merkmal sind wohl die hier fast schon inflationär vorhandenen kaukasischen Wehrtürme.

Um den Hauptort Mestia, aber auch in den vielen, unberührt wirkenden Seitentäler, findet man sie besonders häufig. Besonders freuten wir uns über Besuch aus der Heimat der uns hier auf vielen Wanderungen begleitete.


Das angeblich höchstgelegene, permanent bewohnte Dorf Europas, soll Ushguli darstellen. Davon wollten nicht nur wir uns überzeugen und nahmen, wie viele andere, die Reise ans Ende der Zivilisation auf uns. Vorzufinden war, neben herrlich frischer Luft und atemberaubend schöner Natur, auch gutes Wifi, ein überproportionales Bettenangebot und genügend Restaurants, um jeden hungrigen Wanderermagen mit kaukasischen Spezialitäten zu füllen. Die Unesco hat den wuchernden Bauboom zwar angeprangert, doch noch ist das Geschäft in der strukturschwachen Gegend zu verlockend, als das Sanktionen greifen würden.


Auch wenn der große Kaukasus längst einen big player in der Tourismusindustrie darstellt, die Natur und die kulturellen Highlights der Region sind nach wie vor besonders und lohnen jede Mühe der langwierigen Anreise. Wir kommen gerne immer wieder hierher und lassen uns aufs Neue verzaubern.

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